Reisetagebuch 2. Abschnitt
Reisetagebuch über die Fahrt entlang des 2. Abschnitts der Erlebnisroute Maria Pawlowna von Leipzig nach Frankfurt an der Oder vom 11.6.2024 bis 14.6.2024
Von Helmut Kleinschmidt und Iris Geisler
Im vergangenen Jahr 2023 fuhr eine Reisegruppe der Maria-Pawlowna-Gesellschaft mit Pferdekutschen entlang des 1. Abschnitts der Erlebnisroute Maria Pawlowna von Weimar nach Leipzig. In diesem Jahr wurden die originellen Pferdekutschen gegen einen modernen Reisebus eingetauscht, der es ermöglichte, an vier Tagen ein umfangreiches Geschichtsprogramm zu absolvieren. Mit ihm zogen wir bequem und sicher durch bunte idyllische Städte und Dörfer Mitteldeutschlands und Brandenburgs bis an die Friedensglocke an der deutsch-polnischen Landesgrenze in Frankfurt/Oder.
Auf diesem zweiten Streckenabschnitt von Leipzig über Eilenburg, Torgau, Herzberg, Luckau, Lübben, Lieberose, Beeskow und Frankfurt/Oder haben wir viele interessante Menschen, Vereine und viel Sehenswertes kennengelernt. Und immer stießen wir im Sinne des Anliegens der Maria-Pawlowna-Gesellschaft auf herzliches Entgegenkommen, als hätten die Menschen auf ein Zeichen für Frieden und Freundschaft gewartet.
Nicht alle lieb gewonnenen Reiselustigen des Vorjahres konnten an dem strapaziösen zweiten Abschnitt der kulturhistorischen Reise teilnehmen. Dafür fanden sich neue Abenteuerlustige, die sich mit uns auf den Weg machten, weil sie sich für das positive Wirken der russischen Großfürstin und Großherzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach interessieren. Mit kritischem Blick waren sie auf der Suche nach Zeugnissen aus dem Jahr 1804, die auch die Großherzogin auf ihrer Reise von St. Petersburg nach Weimar in Augenschein nahm oder hätte nehmen können. Nach 220 Jahren war oft nur noch eine virtuelle Vorstellung von den einstigen Örtlichkeiten möglich. Umso höher ist die praktizierte Erinnerungskultur der Reisegruppe einzuschätzen.
Auch auf dieser Reise waren wir bald eine fröhliche Schar.
Allen voran wieder Dr. Irina Tschistowskaja, die die Hauptverantwortung trug und von Dirk Udo Fricke sowie von Helmut Kleinschmidt aktiv unterstützt wurde. Akribisch bereiteten sie die Organisation der Reise vor. Dazu gehörte eine vorherige Erkundungsfahrt zu den Reisezielen, Kontaktaufnahme zu den lokalen Repräsentanten und Organisatoren, die uns vor Ort freundlich empfingen und unserem Anliegen stets wohlgesonnen waren. Sie führten uns mit Hingabe in die Historie der Reisestationen ein.
Mit Unterstützung der Geschichts- und Heimatvereine, hier sind die Vereine in Herzberg, Luckau, Lieberose und Frankfurt/Oder hervorzuheben, gestaltete sich die Reise zu einem nicht nur geistigen Wohlfühlprogramm, an das sich alle Teilnehmer gerne erinnern.
Helmut Kleinschmidt übernahm teilweise Reiseführeraufgaben, die ihm die Gruppe sehr dankte. Wir alle profitierten von der gelungenen Organisation aufs Beste und wertschätzen mit Bezug auf die heutige Zeit den Blick zurück in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts, den uns diese Reise bot, sehr.
Dienstag, 11. Juni 2024 – 1. Reisetag
Wir starteten in Weimar auf dem Platz der Demokratie mit heiterem Sinn und viel Vorfreude auf das Kommende.
Eilenburg: Stadt der Heinzelmännchen-Sage
Die kleine Stadt an der Mulde im Nordwesten des Bundeslandes Sachsen war unser erstes Ziel. Auf dem Burgberg mit Rudimenten der einstigen Ilburg erwartete uns Herr Flegel, Leiter des Stadtmuseums Eilenburg. Er informierte uns auf dem heute als Aussichtsturm genutzten Sorbenturm ausführlich über die hier noch heute nachweisbare slavisch-sorbische Siedlungsgeschichte und die Herrschaftsverhältnisse vergangener Jahrhunderte. Wir bestiegen den von Weitem sichtbaren Sorbenturm, den die Großherzogin nur als verfallene Ruine zur Kenntnis nehmen konnte und der noch zu ihrer Zeit vor dem völligen Verfall gerettet wurde. Unser Blick streift von hier aus über die Stadt, über sanierte Dächer, über das sich weit ausbreitende einstige sorbische Stammesgebiet zwischen Elbe und Saale.
Im Dreißigjährigen Krieg erlangte sie durch den Tod des Schwedenkönigs Gustav Adolf besondere Beachtung. Nachdem der Schwedenkönig 1632 bei Lützen gefallen war, im Geleithaus in Weißenfels das erste Mal aufgebahrt wurde, brachte man ihn nach Eilenburg in den späteren Gasthof „Zum Roten Hirsch“ und bahrte ihn hier abermals auf. Dieser ehemalige Gasthof beherbergt heute das Stadtmuseum Eilenburg. Hier erinnert das 1906 entstandene Triptychon von Ernst Albert Fischer an die Aufbahrung des Schwedenkönigs im „Roten Hirsch“.
Mit Eilenburg verbunden sind zwei Geistliche zu nennen, die Weltruf erlangten.
Martin Luther kam während der Reformationszeit insgesamt siebenmal nach Eilenburg. Der in Eilenburg geborene Martin Rinkert (1586 bis 1649) übernahm 1617, ein Jahr vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges, die Archidiakonatsstelle. Sein 1630 entstandener Choral „Nun danket alle Gott“ ließ ihn unsterblich werden.
Auch Eilenburg blieb von Schreckensszenarien Napoleons nicht verschont. Am 09. Oktober 1813, eine Woche vor der Völkerschlacht bei Leipzig, nahm Napoleon hier eine Heeresschau ab, bevor er nach Düben weiterzog und hier mit etwas Weitblick seiner vernichtenden Niederlage entgegensehen musste. Ein Gemälde im Stadtmuseum erinnert an dieses Ereignis.
Wie die Kölner behaupten auch die Eilenburger, dass die Heinzelmännchen-Sage hier in Eilenburg ihren Ursprung habe. Ebenso behaupten sie immer wieder gern, dass Goethe in Eilenburg gewesen sei. So vermuten es die Eilenburger, weil Goethe in seiner Zeit des Sturm und Drangs für sein „Hochzeitlied“ die Heinzelmännchen-Sage als Rahmen nutzte.
Maria Pawlowna mit ihrem Gemahl nahm hier in Eilenburg am 06. November 1804 einen Imbiss ein, möglich im „Roten Hirsch“, und reiste weiter nach Leipzig. Unsere Reisegesellschaft brach in entgegengesetzter Richtung auf nach Torgau.
Torgau
Wir fuhren weiter nach Torgau. Die Stadt an der Elbe liegt im Nordwesten des sächsischen Freistaates und gilt als eine der schönsten Renaissancestädte Deutschlands. Sie wird bis heute als touristischer Geheimtipp gehandelt. Uns erwartete Herr Stradec zu einer Stadtführung. Bei Sonnenschein und in Sommerlaune ging es durch die engen Gassen der Altstadt. Herr Stradec machte uns neben aufwendig sanierten Bürgerhäusern und zahlreichen geschichtlich interessanten Besonderheiten mit einer Kirche bekannt, die man von keinem innerstädtischen Standort sehen kann und die doch existiert. Es handelt sich dabei um die einstmalige im Innenhof des Rathauses versteckte Nikolaikirche, die ihre Zukunft als Kunsthalle und Begegnungsstätte Torgaus sieht.
Torgau versteht sich gerne als das politische Zentrum der von Wittenberg ausgegangenen Reformation, die hier in Torgau, in der Nikolaikirche, ihren Anfang nahm.
Nach einer Odyssee, die Katharina von Bora nach dem Tod Martin Luthers durchlebte, erlag Käthchen, wie Martin Luther seine Frau gerne nannte, in dem heute als Museum zugänglichen Sterbehaus ihren Verletzungen. Hier in Torgau liegt sie an unbekannter Stelle begraben.
Das Renaissanceschloss Hartenfels ist ein wunderbar aber immer noch unfertig restauriertes Schlossensemble an der Elbe mit einer wechselvollen Geschichte, das als Museum und als Verwaltungsgebäude genutzt wird.
In Torgau fand am 25.04.1945 die legendäre Begegnung zwischen amerikanischen und sowjetischen Soldaten auf der zerstörten Torgauer Brücke statt, der sog. „Handschlag an der Elbe“. Das Denkmal der Begegnung, eine Stele am Ufer der Elbe, erinnert an dieses Ereignis.
Während der Durchreise der Großfürstin im Jahr 1804 war das Schloss in Besitz der Albertiner, kam nach dem Wiener Kongress 1815 in preußischen Besitz und wurde auch danach als Verwaltungsgebäude genutzt.
Nun war Eile geboten, denn wir wurden in Herzberg erwartet.
Herzberg/Elster
Herzberg, die Stadt an der Schwarzen Elster, hat uns herzlich empfangen.
Dem Eintrag in der Chronik der ehemaligen Chur- und jetzigen Kreisstadt Herzberg/Elster ist zu entnehmen, dass der Großfürstin mit ihrem Herrn Gemahl am 05. November 1804 durch eine Schützengilde ein militärischer Honneur erwiesen wurde.
Hier übernachtete das Ehepaar in der Herzberger Poststation in der heutigen Schliebener Straße 82, zu damaliger Zeit betrieben von dem geachteten Postmeister von Zedlitz. Ausgaben für Herberge, Kost und Verpflegung („Wildpret, Hühner etc.“), lassen darauf schließen, dass sich die Reisenden hier gut erholen konnten.
Anlass genug, unweit der ehemaligen Poststation, zwischen Marienkirche und Rathaus mit einer Informationstafel an diese hoheitliche Durchreise zu erinnern und die Tafel gemeinsam mit Vertretern des Bürgermeisters Eule-Prütz und seinen städtischen Mitarbeiterinnen, mit Vertretern des Kultur- und Heimatvereins Herzberg (Elster) e.V. und Herzberger interessierten Bürgern feierlich zu enthüllen.
Die anschließende Besichtigung der dreischiffigen Hallenkirche „Sankt Marien“, einem lebendigen Zeugnis spätgotischer Baukunst mit ihren original erhaltenen Gewölbemalereien in a secco-Ausführung aus dem 15. Jahrhundert, erinnerte uns an die günstige Lage des Städtchens an einer bedeutsamen Handelsstraße wie auch an eine profitable großbäuerliche Landwirtschaft am Rande des Baruther Urstromtales.
Die vielen sanierten Bürgerhäuser mit den zum Teil als Portal schmuckvoll gestalteten Toreinfahrten unterstreichen das. Es handelt sich hierbei um landläufig genannte Ackerbürgerhäuser. Diese prägen das Stadtbild zu großen Teilen und weisen auf die einst vorwiegend landwirtschaftlich geprägte Landschaft in und um Herzberg hin.
Die bereits erwähnten spätmittelalterlichen Gewölbemalereien in den Haupt- und Seitenschiffjochen der St. Marienkirche üben bis heute eine große Faszination aus. Ein guter Erhaltungszustand und die Erläuterungen Frau Jages, einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung, sowie von den Mitgliedern des Kultur- und Heimatvereins Herzberg versetzten uns in eine andere, längst vergangene Welt. Schweigend erfüllte uns ein zu Herzen gehendes besinnliches Staunen.
Eine Begegnung hat uns besonders angenehm berührt. Es war das engagierte Auftreten des betagten Horst Gutsche mit seiner Frau, Mitglieder des Kultur- und Heimatvereines, während des Rundgangs durch das interessante Städtchen. Sie führten uns u. a. zum Herzberger Wunderstein, dessen Geschichte auf die Freundlichkeit der Herzberger hinweist.
Ein gemütliches Beisammensein mit den Mitgliedern des Kultur- und Heimatvereins in der Gastronomie im Rathaus ließ den erfüllten Tag harmonisch und heiter ausklingen. Ein erlebnisreicher Tag endete schließlich im Schloss Grochwitz am Rande der Stadt, wo wir übernachteten.
Mittwoch, 12. Juni 2024 – 2. Reisetag
Schloss Grochwitz
Der Tag begann mit einer Besichtigung des Schlosses Grochwitz, das sich heute als Hotel (Garni) und Eventlocation empfiehlt. Die einstige Brühlsche, von Brühl, dem Staatsmann unter August dem Starken, aber kaum genutzte Immobilie, war durch Brand dem endgültigen Verfall ausgesetzt.
Der Besitzer, Dr. Günther Unterkofler, der das schwer heruntergekommene Gebäude samt Nebenanlagen 2004 erwarb, gab uns eine interessante Führung. Die wechselvolle Geschichte dieses von Brühl zum Schloss erklärten Gebäudes ist auf der Homepage des Hotels nachvollziehbar. Bemerkenswert erschien uns die private Initiative des Herrn Unterkofler, dessen Ziel es nicht nur ist, die Gebäudesubstanz zu erhalten und zu verwerten, sondern auch kulturhistorische Kleinode, die uns beim Rundgang aufgefallen sind, zu bewahren, zu schützen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nachhaltig in Erinnerung bleibt zum Beispiel die Bibliothek, in der so mancher Fürst sein Tabakkollegium hätte abhalten können, wie auch die Hauskapelle. Auffällig waren im Haus auch die zahlreichen Musikinstrumente, die unsere mitreisende Silvia Dohl im Musikzimmer zu einem gelungenen Vortrag eines Musikstückes nach einer Melodie, die Maria Pawlowna zugeschrieben wird, anregte.
Luckau
Wir verlassen Herzberg und eilen dem brandenburgischen Städtchen Luckau entgegen. Die Kursächsische Postmeilensäule am Ortseingang von Hohenbucko haben wir nicht übersehen. Es folgte eine ruhige genüssliche Fahrt durch die grünende Rochauer Heide.
Auf dem Marktplatz mit den aufwändig sanierten und reich verzierten Bürgerhäusern erwartete uns der Bürgermeister Gerald Lehmann sowie Mitglieder des Luckauer Heimatvereins. Mit Ihnen wurde eine kleine Infotafel an der Fassade des ehemaligen Wirtshauses «Zum goldenen Ring», wo die Reisegesellschaft Maria Pawlownas bei der Durchreise in Luckau speiste, eingeweiht. Der QR-Code leitet alle Interessierten auf die Homepage der Maria-Pawlowna-Gesellschaft weiter, wo nähere Informationen zum Projekt „Erlebnisroute Maria Pawlowna“ zu finden sind. Die Ansprachen des Bürgermeisters und Helga Tuceks, Geschäftsführerin des Luckauer Heimatvereins, begrüßten unsere Initiative und bestärkten uns, die Zielstellung des Vorhabens „Erlebnisroute Maria Pawlowna“ als Beitrag zur Völkerverständigung mit Mitteln von Kunst, Kultur und Tourismus weiterzuverfolgen.
Im Rahmen eines Stadtrundgangs wurden wir mit der Geschichte des beschaulich wirkenden Städtchens, das einst zur Hauptstadt der Niederlausitz ernannt war und im Mittelalter immense Bedeutung hatte, vertraut gemacht. Frau Helga Tucek übernahm die Führung durch die gepflegte Stadt. Unter anderem führte sie uns in die St. Nikolaikirche und vermittelte interessante Details. So gehört die St. Nikolaikirche zu den bedeutendsten mittelalterlichen Kirchenbauten in Berlin und Brandenburg. Von der erst aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammenden Innenausstattung sei insbesondere die vorzügliche hochbarocke Orgel des Leipziger Orgelbauers Christoph Donat hervorzuheben. Die reich verzierten Holzemporen mit der Doppelwendeltreppe verlangen ihre Aufmerksamkeit. Der zufällig vorbeikommende Tourist erkennt erst auf den zweiten Blick bewundernd, dass es sich bei der Kanzel des Torgauer Bildhauers Andreas Schultze um eine Kanzel aus Sandstein handelt.
Gleich auf dem Marktplatz befand sich einst die Poststation. Der Postgeschichtsforscher aus Königs-Wusterhausen, Herr Wolfgang Pinkow, begleitete uns während des Rundgangs. Das Postwesen hatte mit der sich rasch entwickelnden industriellen Massenproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, des damit verbundenen wachsenden Transportaufkommens wie auch wegen der wachsenden Bedürfnisse an Kommunikation und Mobilität eine ganz entscheidende Bedeutung, so auch für das Reisewesen. Die noch vorhandenen und meist restaurierten Postmeilensäulen belegen das. Vor dem ehemaligen Stadttor gibt es eine nach dem historischen Vorbild neu hergestellte Postmeilensäule, die noch an ihrem historischen Platz zu finden ist. Luckau verfügte früher über zwei Postmeilensäulen.
Nach der Mittagspause fuhren wir zunächst nach Turnow, um uns im Landhotel Turnow einzuchecken. Etwas in Eile ging es danach auf nach Lieberose, um den Reisetag in Lieberose mit einem reichhaltigen Nachmittags- und Abendprogramm abzuschließen.
Lieberose
Der Nachmittag begann mit einem Kaffeetrinken im Café „Markt 6“. Eingeladen hatte der über seit 30 Jahren wirkende Förderverein Lieberose. Hier gab es den ersten Gedankenaustausch.
Zur Stadt Lieberose und seinem Förderverein, der sich auch das Anliegen der Maria-Pawlowna-Gesellschaft zu eigen machte, bestehen seit Langem enge freundschaftliche Beziehungen.
Im Rahmen eines Stadtrundgangs wurden wir durch Mitglieder des Fördervereins über die wechselvolle Geschichte dieses Ackerbürgerstädtchens und einstigen kursächsischen Residenzstadt informiert. Seit dem Prager Frieden 1635 gelangte die dünnbesiedelte Niederlausitz an Sachsen. Das Städtchen durchlebte in seiner Entwicklung viele Höhen und Tiefen. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts erfuhr es wieder einen nachhaltigen Aufschwung. Unter anderem führte der Rundgang vorbei an der bereits aufgestellten Informationstafel zur Erlebnisroute Maria Pawlowna, die über die Durchreise der Großfürstin mit Erbprinz Carl Friedrich erinnert. Er endete am Bürgerzentrum in der ehemaligen Darre.
Die gemeinsame Veranstaltung der Maria-Pawlowna-Gesellschaft und des Fördervereins Lieberose „Geschichte und Gegenwart entlang der Erlebnisroute Maria Pawlowna – Fest der Begegnungen“ bei Teilnahme des Bürgermeisters und 1. Hauptamtlichen Beigeordneten der Stadt Weimar Ralf Kirsten, der auch am Rundgang durch die Stadt teilnahm, unterstreicht die hohe Wertschätzung des Wirkens der Maria-Pawlowna-Gesellschaft durch die Stadt Weimar. Die Lieberoser Bürgermeisterin, wie auch Vertreter des Lieberoser Fördervereins begrüßten das Streben der Maria-Pawlowna-Gesellschaft, mit Mitteln von Kunst und Kultur einen Beitrag für Frieden und Völkerverständigung zu leisten. Mit öffentlichen Ansprachen und in persönlichen Gesprächen wurden wir bestärkt, in diesem Sinne das Projekt Erlebnisroute fortzusetzen, möglichst über alle Landesgrenzen hinweg.
Mit einem besinnlich-heiteren Konzert von Matthias Hessel (Pianist und Komponist, Berlin), der Filmvorführung „Kutschfahrt der Maria-Pawlowna-Gesellschaft von Weimar nach Leipzig (2023)“ und einem geselligen Beisammensein fand ein erlebnisreicher Tag seinen würdigen Abschluss.
Donnerstag, 13. Juni 2024 – 3. Reisetag
Beeskow
Das liebenswürdige Städtchen an der Spree, die ihren Weg auf der Sohle des Baruther Urstromtales auf einer Höhe von 40 Metern über NN sucht und schließlich in die Fürstenwalder Spree mündet, ist die erste Station des 3. Tages unserer Reise.
Udo Ladewig und Angelina Wüstenhagen, die ihren Begleiter gern und originell mit einem mysteriösen Mäntelchen umhüllt, führten uns zu den interessantesten Orten des Städtchens. Hier sollen zwei Höhepunkte der Führung hervorgehoben werden, die uns unvergesslich bleiben.
In der Kirchgasse der Beeskower Altstadt befindet sich das älteste Haus der östlichen Mark Brandenburg. Nach einem Stadtbrand im Jahr 1513 wurde ein Speicher als Wohnhaus aufgebaut. Das heute zu bestaunende Haus wurde 1995 rekonstruiert.
In unmittelbarer Nachbarschaft werden wir von der Größe des frühgotischen Kirchenbaus mit einer Höhe von 47 Metern überrascht. Hier versetzte uns Theodor Böll mit seinem Wissen und rhetorisch äußerst unterhaltsamen Erläuterungen zur Geschichte, Konstruktion und Ausstattung dieses Kirchengebäudes in Backsteingotik in freudiges Staunen.
Unsere Schlussfolgerung: Wer sich entschließen sollte, die wasserreiche Kreisstadt Beeskow mit touristischen Absichten einmal aufzusuchen, sollte allein schon wegen dieser beiden Empfehlungen Zeit mitbringen.
Frankfurt an der Oder
Unser Weg nach Frankfurt/Oder führte über Müllrose. Wir dachten an das junge Brautpaar, das hier am 4. November 1804 zu Mittag speiste und sich mit Viktualien (Lebensmittel), Selterwasser und Porter Bier versorgte. Auch wir stärkten uns mit einem Mittagessen und einem erholsamen Blick auf den Großen Müllroser See für das Abenteuer, das in Frankfurt/Oder auf uns wartete.
Von Cüstrin (heute Kostrzyn nad Odra) kommend, nahm die Reisegesellschaft am 3. November 1804 im Gasthof zum Adler Quartier. Laut Tagebucheintrag machten sie sich hier bei einem gemeinsamen Essen mit ranghohen Persönlichkeiten ihrer Zeit bekannt.
Die Prinzeß stellte sich u.a. dem Herzog von Braunschweig-Oels vor. Auch ihr Schwiegervater Carl August war anwesend.
Die Örtlichkeiten, die wir hier gerne aufgesucht hätten, wurden gegen Ende des 2. Weltkrieges, wie die einst interessante Bausubstanz der Stadt im Ganzen, fast völlig zerstört, folglich mit neuen Ideen überbaut. So ist Frankfurt heute eine junge Stadt an der Oder, die bestrebt ist, ihre Geschichte mit musealen Mitteln verständlich zu machen.
Einen wichtigen Beitrag hierbei leistet das Stadt- und Regionalmuseum Viadrina im Junkerhaus. Dr. Tim Müller führte uns durch das Museum und berichtete am Model der «Stadt Frankfurt (Oder) um 1550» über interessante Details zur Geschichte der Stadt, u. a. wie sie zu ihrem Namen kam. Jedem Museumsbesucher bleibt wohl die Geschichte des Herzogs Leopold von Braunschweig, sein persönlicher Einsatz bei Hochwasser der Oder am 27. April 1785, bei dem er sein Leben verlor, in lebhafter Erinnerung. Erinnert wurden wir auch an das viel zu kurze Leben Heinrich von Kleists, der hier geboren wurde und sich gerne dem Einfluss von Goethe und Schiller aussetzte.
Während der Stadtbesichtigung, geführt von Dr. Martin Schieck vom Historischen Verein zu Frankfurt/Oder waren wir von den prächtigen Backsteinbauten beeindruckt, so von der Rathausfassade und der St. Marienkirche zu Frankfurt/Oder, die alle Wirren der Zeit überstanden und mit viel Aufwand erhalten werden konnten.
Die Stadtführung endete an der Friedensglocke, deren Botschaft wir sehr begrüßen und mit unserem Projekt Erlebnisroute Maria Pawlowna bekräftigen.
Der Tag endete mit einem gemeinsamen Abendessen in unmittelbarer Nähe der nachts blau-grün leuchtenden Oderbrücke Frankfurt/Słubice mit Mitgliedern des historischen Vereins und des Vereins der Freunde und Förderer des Museums Viadrina e. V.
Ein erholsamer Spaziergang führte uns zurück in das Hotel „Zur alten Oder“.
Freitag, 14. Juni 2024 – 4. Reisetag
Lübben
Wer an Lübben denkt, denkt an Spreewald, an Kahnfahrten durch ein Biosphärenreservat, an das typische Spreewälder Erzeugnis, die Spreewaldgurke und natürlich auch an eine bis heute erhaltene sorbische Kultur mit Trachten und Tänzen.
Wir erhofften uns mit dem Halt in Lübben, eine kleine Kostprobe dieser landestypischen Kostbarkeiten mit allen Sinnen genießen zu können, was uns auch zur Zufriedenheit aller Mitreisenden gelang.
Die Kahnfahrt auf Höhe von Schell-Enten und anderen Wasservögeln unter sattgrünen Bäumen, mit interessanten Kommentaren zu geologischen und biologischen Besonderheiten, die unsere Vorstellung vom Spreewald erweiterten, war besinnlich und erholsam.
Das Mittagessen in der unmittelbar am „Hafen“ befindlichen Gaststätte beendete den kulinarischen Teil unserer Reise.
Einen letzten Blick zurück in die Geschichte genossen wir mit einer Führung durch das sonst von Touristen etwas stiefmütterlich behandelte Lübbener Schloss.
Auch hier erhielten wir durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin und stellv. Leiterin des Museums Schloss Lübben, Frau Frenzel, größeren Einblick in Geschichte und Bedeutung des Städtchens im Landkreis Dahme-Spree. Zurecht stolz ist die Stadt Lübben auf ihren einzigartigen Wappensaal. Er zeugt von der regen überregionalen Verwaltungstätigkeit der Stadt. Hier kamen die Stände der Niederlausitz zusammen. Der Saal wird von einem riesigen Bild des Malers August Oetken überstrahlt, das neugierig macht und das Bedürfnis weckt, beim nächsten Besuch mehr Zeit einzuplanen.
Das Ende einer Reise
Mit Ankunft der Reisegesellschaft am Ausgangspunkt in Weimar endete eine gelungene Reise entlang des 2. Abschnitts der Erlebnisroute Maria Pawlowna. Unsere praktizierte Erinnerungskultur wurde allerorts gewürdigt.
Es endet nicht das weitere Streben der Maria-Pawlowna-Gesellschaft nach Völkerverständigung, nach Würdigung eines wohltätigen Wirkens, wie es uns die russische Großfürstin und einstige Großherzogin von Sachsen Weimar Eisenach, Maria Pawlowna, vorlebte.