„Buchenwald war der Verrat an dem Erbe von Weimar, aber das Heilmittel gegen Buchenwald hieß Weimar. Das war mir immer bewusst.“

Aus dem Geleitwort von Stéphane Hessel  
In: Manfred Flügge: Stéphane Hessel – Ein glücklicher Rebell, Aufbau Verlag, Berlin 2012, S. 5

Der 1917 in Berlin geborene Stefan Hessel zog Im Alter von 7 Jahren mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder von Berlin nach Paris. Kurze Zeit später ging sein Vater nach Berlin zurück. Stéphane Hessel erhielt 1937 die französische Staatsangehörigkeit, studierte Philosophie und Politikwissenschaft und wurde bei Kriegsausbruch Offiziersanwärter in der französischen Armee. Nach dem Waffenstillstand 1940 folgte er dem Ruf von General de Gaulle aus London und schloss sich der französischen Exilarmee in England an. Wegen seiner Deutschkenntnisse erschien jedoch sein Einsatz für die französische Widerstandsbewegung im von den Deutschen besetzten Frankreich nützlicher. 1944 wurde er in Paris von einem französischen Spitzel verraten, von der Gestapo verhaftet, zum Tode verurteilt und in das KZ Buchenwald verbracht. Durch einen Identitätstausch gelang es ihm, der Exekution zu entrinnen. Am 27.10.1944, seinem 27. Geburtstag, stellte die Stadt Weimar eine Sterbeurkunde aus, die den Tod von „Stéphane Hessel, geboren in Paris, Student der Philosophie“ bescheinigte.

Vor der anrückenden Roten Armee sollte im April 1944 das KZ verlagert werden, bei einem Halt des Gefangenenzuges gelang ihm als einzigem Häftling die Flucht. 

Nach Kriegsende wurde er als einer der ersten französischen Jungdiplomaten Mitarbeiter im Sekretariat der Menschenrechtsabteilung der Vereinten Nationen in New York. In dieser Rolle beobachtete er die abenteuerlichen Umstände der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10.12.1948 im Palais de Chaillot in Paris. Wie er in seinen Memoiren „Tanz mit dem Jahrhundert“ (Arche, Zürich/Hamburg 1998) hervorhob, haben ihn die Vereinten Nationen sein Leben lang nicht losgelassen …

Am Ende seines Berufslebens hat ihm die französische Regierung als Dank für seinen Einsatz für die Menschenrechte und die Zusammenarbeit zwischen den Völkern den nur in Ausnahmen vergebenen Ehrentitel „Ambassadeur de France“ verliehen.

Erst nach seiner Pensionierung hat er 1996 zum ersten Mal Weimar, den Ort seiner Leiden, wieder aufgesucht. Wolfang Knappe, der Gründer der Maria-Pawlowna-Gesellschaft, hat mit ihm zahlreiche Konferenzen im Schloss Kromsdorf durchgeführt. Am 29.8.2009 wurde er im Weimarer Fürstensaal vom Komitee für deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit (Weimarer Dreieck) mit dem „Adam-Mickiewicz-Preis für seine Verdienste um die Versöhnung zwischen den Völkern und die Zusammenarbeit in Europa“ ausgezeichnet.

Am 27.2.2013 ist Stéphane Hessel in Paris verstorben. Nur wenige Wochen später, am 11.4.2013, hat der inzwischen ebenfalls verstorbene Wolfgang Knappe im Gymnasium Mellingen die erste von ihm inszenierte Wanderausstellung „Die Würde des Menschen“, eröffnet um damit das Lebenswerk von Stéphane Hessel lebendig zu halten.

Die Ausstellung, die vornehmlich von Jugendlichen besucht wurde, ist in Deutschland, Frankreich, Polen und bei der Europäischen Kommission mehr als 100 Mal gezeigt worden.

Nachdem der Weimarer Stadtrat zunächst die für Stéphane Hessel anlässlich seines 95. Geburtstages am 27.2.2012 vorgeschlagene Ehrenbürgerschaft verweigert hatte, ist am 9.8. 2019 vor dem Neuen Museum in Weimar ihm zu Ehren die Einweihung des Stéphane-Hessel-Platzes durch Bürgermeister Ralf Kirsten feierlich erfolgt. Zuvor hatte bereits die damalige Ministerpräsidentin des Freistaates Thüringen, Christine Lieberknecht, Mitglied des Kuratoriums der Maria-Pawlowna-Gesellschaft, am 5.4.2013 Stéphane Hessel in der Deutschen Botschaft in Paris posthum mit dem Verdienstorden des Freistaates Thüringen geehrt. Frau Christiane Chabry-Hessel nahm mit Rührung stellvertretend für ihren Mann die Auszeichnung in Empfang.                                                                             

   Erstellt von Prof. Klaus-Heinrich Standke