Bericht Stadtrundgang zur Postgeschichte

Stadtführung zur Postgeschichte in Weimar

Wie der Brief zu Goethe kam …

Rundgang der Mitglieder und Freunde der Maria-Pawlowna-Gesellschaft mit Jungfer Wenzel, der Botenfrau von Schiller und Goethe, am 18.03.2023 durch den Stadtkern von Weimar

Hätten Sie es gewusst, dass Weimar zu Goethes Zeiten gar nicht von der staatlichen Post beliefert wurde? Deren Strecke lief nämlich nördlich an Weimar vorbei und die postalisch korrekte Adressierung lautete „Weimar bei Buttelstedt“. Die damalige Post bediente nur die Hauptrouten, die Verteilung in die Fläche überließ sie privaten Postboten, heute würde man das wohl als Outsourcing bezeichnen.

Diese und manch andere lustige Kuriositäten der damaligen Zeit vermittelte die „Jungfer Wenzel“, alias Beate Herrmann, den interessierten Teilnehmern der Maria Pawlowna Gesellschaft beim Stadtrundgang durch Weimar. Zu ihren Adressaten gehörten neben Goethe, Herder oder Charlotte von Stein auch normale Bürger. Korrektheit war ebenso oberstes Gebot wie Verschwiegenheit, denn manche Nachrichten waren mündlich zu überbringen.

Mit kritischem Blick wurde sowohl das nicht geeignete Schuhwerk – so wird´s aber nischd mit Ihrer Bewerbung, gnädige Frau – und die feine Stoffhose eines anwesenden Herren kommentiert und in die Führung lustig mit eingebaut, ohne auch die tatsächlichen Plagen der Botenfrau zu vergessen. So lernten wir, dass die Zeitvorgabe für die Auslieferung der Post von Weimar nach Jena 4 Stunden betrug und das zu Fuß (barfuß, denn nobles Schuhwerk konnte sie sich nicht leisten), bei jedem Wind und Wetter und zu jeder Tages- bzw. Nachtzeit wohlgemerkt. Pünktlichkeit war selbstverständlich. Ach wie schön war doch die gute alte Zeit.

Übrigens war sie auch schon eine moderne Vorreiterin heutiger Lieferdienste, musste sie doch Herrn von Goethe die ein oder andere Botille von 0,7 Liter Weininhaltes zustellen.

So entführte uns Jungfer Wenzel, übrigens Jungfer bedeutet nichts anderes als fleißige Frau, in ihrer ca. anderthalbstündigen Zeitreise fröhlich in die Geheimnisse der Briefe, deren Faltung und Zustellung und das Geschehen in der Vieh- und Ackerbürgerstadt Weimar im Herbst 1797 ein. Der sehr interessante Rundgang fand dann in einem gutbürgerlichen Gasthaus einen würdigen Ausklang.

Erstellt von Dirk Udo Fricke, Mitglied der Maria-Pawlowna-Gesellschaft
Fotos: Jens Kosch