von Sigrid Schmitz, Mitglied der Maria-Pawlowna-Gesellschaft
Mitglieder und Freunde der Maria-Pawlowna-Gesellschaft waren am 11.Oktober 2022 einer Einladung der Stiftung Friedenstein zur Besichtigung des Herzoglichen Kunstmuseums und des Schlosses Friedenstein gefolgt.
Es war ein ereignisreicher, schöner Tag, zusätzlich gekrönt vom Goldenen Oktober.
Wir wurden zunächst von der Provenienzforscherin der Stiftung, Frau Anastasia Yurchenko, freundlichst empfangen und unser erster Weg führte in das Herzogliche Kunstmuseum. Ein prachtvoller Neorenaissance-Bau, dessen Kuppelsaal, einem antiken Tempel nachempfunden, schon den Besucher einstimmt auf ein besonderes Erlebnis. Hier führte uns eine junge Museumsfachfrau durch die Ausstellung „Luxus, Kunst und Phantasie – Herzog August von Sachsen-Gotha-Altenburg als Sammler“. Herzog August war ein weltoffener fortschrittlicher „Feingeist“, der für seine Zeit außergewöhnliche Haltungen vertrat und moderne, humanere Herrschaftsmethoden befürwortete. In kritischen Situationen hat er immer versucht, für Gotha, für sein Land, Gutes zu tun. So gelang es ihm, durch seine allerdings ausufernde Begeisterung für Napoleon, die Stadt vor Plünderungen durch französische Soldaten zu bewahren.
Reisen führten ihn nach den Niederlanden, England und mehrfach nach Italien. Kunstbegeistert und selbst aktiv malend, komponierend, schreibend wird er zum Sammler von Kunstobjekten aller Art. Heute noch beherbergen das Museum und das Schloss etwa eine Million Kunstgegenstände aus aller Welt. Goethe, Herder und Wieland waren dem Mäzen und Schöngeist geistige „Verwandte“, standen mit ihm im Austausch. Wieland widmete ihm sogar seinen „Oberon“.
Ostasiatika, Möbel, Kunstgegenstände, dann eine Vielzahl von Gemälden – so begann die Führung, die unterbrochen wurde von der herzlichen Begrüßung unserer Gruppe durch den Stiftungsdirektor Herrn Dr. Pfeifer-Helke. Es blieb nicht bei einer Begrüßung, sondern es gab ein interessantes Gespräch zur Tätigkeit der Stiftung, zu den aktuellen Problemen und Aufgabenstellungen, immer auch im Hinblick auf die aktuelle Situation, die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auch in diesem Bereich.
Einen ganz wesentlichen Teil der Sammlungen stellen die Gemälde dar. Hier hat der Herzog im großen Stil eingekauft und Maler aller „Güteklassen“ seiner Zeit großzügig entlohnt.
Als im Jahr 1979 bei einem spektakulären Bilderraub aus dem Museum fünf wertvolle Gemälde gestohlen wurden, gab es zunächst keine Hoffnung, die Bilder zurückzuerhalten. Über die filmreife Spurensuche, Ermittlungsarbeit, bis zur glücklichen Rückgabe der, allerdings nicht unbeschädigt gebliebenen Gemälde, wurden wir umfassend in Kenntnis gesetzt. Sogar die Steigeisen, mit deren Hilfe der oder die Einbrecher in das Haus einsteigen konnten, wurden uns präsentiert. Die inzwischen restaurierten Bilder sind nun wieder in aller Schönheit zu besichtigen.
Nach soviel Kunst gab es eine Mittagspause im Ratskeller der Stadt Gotha und der 2. Teil der Besichtigungen fand nun im Schloss Friedenstein statt. Es ist das größte frühbarocke Schloss in Deutschland. Beginnend im Jahre 1643, noch mitten im dreißigjährigen Krieg wurde auf den Ruinen des geschleiften „Grimmenstein“ in nur 12 Jahren Bauzeit das neue Schloss errichtet. In Kunstkammern sammelten die Gothaer Herzöge Schätze aus aller Welt, die im Schloss heute noch zu besichtigen sind.
Zuerst waren wir aber zu Gast bei einem Künstler: Peter Mildner, dessen Ausstellung „Mildner`s Kleinplastiken, Tiere und Porträts“ uns von ihm vorgestellt wurde. Es kam zu sehr ausführlichen Gesprächen und Erklärungen zu seinen Arbeiten. Eindrucksvoll sind all die kleinen Darstellungen von Tieren aus aller Welt und ebenfalls die Köpfe von Promis aus Kunst-, Kultur- und Klatschpresse. Kleines anrührendes Extra: der Entwurf für ein Denkmal für das Lieblingseisbärenbaby Knuth und seinen Pfleger Thomas Dörflein, vor Jahren der Publikumsmagnet im Berliner Zoo.
Ein nächster Höhepunkt war nun die Schlossbesichtigung. Eindrucksvoll ist der Festsaal – ein repräsentativer Höhepunkt der barocken Appartements, hier fanden Empfänge, Feste, Hochzeiten statt. Es sind barocke Raumkunstwerke, durch welche man hier geht: Intarsienböden mit schönsten Hölzern, Stuckdecken mit ausufernden Darstellungen, weit über das sonst bekannte Stuckornament hinausgehend. Auch hier eine Vielzahl von Gemälden, ausgesuchten, besonderen Möbeln, Kunstgegenständen.
Nach der barocken Epoche zieht auch der Klassizismus im Schloss ein. Die Antikenbegeisterung gehört dazu. Die herzoglichen Kunstkammern sind Schatzkammern voller Gold, Edelsteinen, Silber, Elfenbein und Bernstein in den kunstvollsten Verarbeitungen. Unmöglich, alles anzusehen an einem Tag.
Den ganzen Tag über hat uns die Provenienzforscherin, Frau Yurchenko begleitet und zum Abschluss unseres Besuches bedankte sich unsere Präsidentin, Frau Dr. Irina Tschistowskaja, herzlich bei ihr und brachte die Hoffnung zum Ausdruck, dass es weitere Begegnungen geben wird.